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Lotto im Internet - galoppiert zwar nicht, gewinnen kann man aber auch
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Wie
wird man eigentlich Jockey?
Ein Gespräch mit Andreas Helfenbein
Das Rennpferd von Andreas Helfenbein
kann zwar mit 60 Stundenkilometern
galoppieren, doch ein Rennen wird es nie gewinnen. Es steht
nicht im Stall, sondern im Squash-Park in Köln-Weidenpesch
und frißt nicht Hafer, sondern Strom. Auf dem elektrischen
Rennpferd-Simulator können junge Jockeys unter seiner
Anleitung für den Ernstfall im Rennen üben. Aber
auch gestandene Profis wie er selbst feilen mit Hilfe des
Elektropferdes an ihrer Technik.
Wie kamen Sie zum Jockey-Beruf?
Andreas Helfenbein: Ich bin schon ewig pferdeverrückt.
Seit ich denken kann, ist das Pferd mein Lieblingstier. Ich
war in den Schulferien immer auf einem Reiterhof in Westfalen,
manchmal fünf Wochen am Stück. Dort habe ich eine Grund-Dressurausbildung
bekommen. Schließlich sagte jemand meinen Eltern, ich sei
doch der ideale Jockey, weil ich sehr klein war, und Sport
mein Hobby war. Also bin ich mit meinem Vater in Niederrad
auf die Rennbahn gegangen, um uns das mal anzugucken. Ich
hab ein Pferderennen gesehen und gesagt: "Das ist mein Job."
Dann habe ich direkt einen Praktikumsplatz bekommen, und daraufhin
auch sofort eine Lehrstelle bei Andreas Hecker.
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Wie ist Ihre Ausbildung verlaufen? |
"Im
Rheinland wurde ich anfangs nicht richtig akzeptiert"
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Andreas Helfenbein: Ich
war Lehrlings-Champion in Frankfurt, nachher hab ich sogar
einmal das Jockey-Championat in Frankfurt errungen.
Ich wußte allerdings, wenn ich in meinem Beruf weiterkommen
möchte, dann muß ich schon ins Rheinland. Dort gibt es sechs
oder sieben Rennbahnen, alle eng beisammen, mittwochs, samstags,
sonntags sind Rennen. In Frankfurt sind seltener Rennen, also
bin ich in der Zeit häufiger nach München gefahren, um dort
Rennen zu reiten, und auf kleinere Bahnen wie Mannheim und
Haßloch.
Schließlich hab ich den Sprung ins kalte Wasser gewagt, hab
meinen Lehrmeister im Stich gelassen, und bin nach Köln zu
Bruno Schütz als zweiter Mann. Da hatte ich natürlich gleich
einen Riesen-Stall.
Ich habs anfangs schwer gehabt, weil ich nicht akzeptiert
wurde als Jockey. Meistens ritt ich auf den sogenannten "Zweitplätzen"
im Süden und Osten.
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Wann kam der Durchbruch? |
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Andreas Helfenbein:
Bei Uwe Ostmann, dem ich viel zu verdanken habe. Der hat mich
wirklich auf die Pferde draufgesetzt. Auch manchmal gegen den
Willen des Besitzers. Was natürlich für ihn auch ein Risiko
war, aber ich hab ihm halt gezeigt, daß ich´s kann. Und dadurch
wurde ich auch nach und nach von den Besitzern akzeptiert. Man
muß sich halt beweisen, erst mal durchbeissen. |
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Was sind außer Durchhaltevermögen
wichtige Voraussetzungen für eine Jockey-Lehre? |
"Als
Lehrling muß man viel wegstecken können"
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Andreas Helfenbein:
Tierliebe an erster Stelle, und Erfahrung im Umgang mit Tieren.
Die Größe - man sollte nicht zu groß sein. Ich bin ja einer
von den "Größeren", ich bin 1.69 m - damit habe ich natürlich
auch Gewichtsprobleme. Man sollte sportlich begabt sein. Wenn
jemand steif ist oder nicht gern zum Sport geht, ist er fehl
am Platze. Wir sind Berufssportler. Hochleistungssportler.
Und man muß einen gesunden Ehrgeiz haben, muß viel wegstecken
können, auch mal Dreckarbeit machen. Jedenfalls am Anfang. Ich
hab als Stift malocht! Ich hab jeden Montag und Donnerstag Mash
gekocht (das hat mich meine ganze Mittagspause gekostet), und
ein, zwei Mal die Woche Trensen und Sättel geputzt, und abends
noch die Ausbildung auf Dressurpferden. Da hab ich richtig was
gelernt.
Ich muß auch sagen, der Jockey bei Andreas Hecker, das war ein
guter, der hat mich richtig "zwischengenommen". Aber ich kann
heute nur sagen: Vielen, vielen Dank, ich habs gelernt. |
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Worin liegt denn dann der Anreiz
für die Jugendlichen, wenn die Ausbildung hart ist? Vielleicht
Prestige? |
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Andreas Helfenbein:
Nein, in der Öffentlichkeit stehen ist nicht so toll. Aber:
Die Spitze der Jockeys ist sehr klein, Nachwuchs haben wir eigentlich
kaum, also ein vernünftiger Junge, der wirklich Spaß und Interesse
dran hat, der kann sich ganz schnell hocharbeiten. Und dann
hat er fünfzehn, zwanzig Jahre Zeit, richtig Kohle zu verdienen.
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Gibt es viele, die im Moment die
Ausbildung zum Jockey machen? |
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"Wir
haben nicht viel Nachwuchs"
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Andreas Helfenbein:
Es sind im Moment nicht viele. Das liegt daran, daß es nicht
populär genug gemacht wird. Man sollte ein bißchen Werbung im
Fernsehen, Radio oder in Zeitschriften machen. Viele wissen
gar nicht, daß es diesen Ausbildungsberuf gibt. Manchmal werde
ich gefragt, was ich mache, und wenn ich dann sage: "Ich bin
Jockey", dann fragen die "Wie, Jockey? Ist das ein Lehrberuf?"
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Dürfen Stifte gleich am ersten
Tag reiten, oder müssen sie erst monatelang die Stallgasse fegen?
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Andreas Helfenbein:
Wenn man reiten kann, darf man in der Ausbildung vom ersten
Moment an aufs Pferd - deswegen würde ich auch jedem, der sich
dafür interessiert, empfehlen, vorher ein paar Stunden zu voltigieren,
und Dressur zu reiten.
Denn mit einem Pferd kann man sprechen, es reagiert auf Signale,
die man ihm gibt, und wenn du die nicht kennst, tust du dem
Pferd wahrscheinlich eher weh. Das Pferd weiß dann gar nicht,
was der da oben will. |
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Wann darf man sein erstes Rennen
reiten? |
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Andreas Helfenbein:
Nach anderthalb Jahren Ausbildung. Man kann sogar schon vorher
Rennen reiten , wenn man wirklich das volle Interesse hat. Man
kann mit 15 schon die Amateur-Prüfung machen, dann darf man
direkt ab dem ersten Tag der Lehre rennreiten. Und dann macht
es natürlich dreimal soviel Spaß! Andrasch Starke war früher
Amateur, der hat sogar Ponyrennen geritten. |
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Was sollte man außer Sportlichkeit
und Pferdevestand noch mitbringen? |
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Andreas Helfenbein:
Anstand ist auch gefragt, wenn man zum Beispiel mit Besitzern
mal essen geht. |
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Mit Besitzern geht man aber nicht
immer nur essen. Was tun Sie, wenn der Besitzer unzufrieden
mit Ihrem Ritt ist? Wie kommt man mit so einer Situation klar?
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"Rennreiten
ist ein Kick, man ist in einer anderen Welt"
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Andreas Helfenbein:
Damit kommt man eigentlich schwer klar. Man muß schon was wegstecken
können.
Aber wenn ich der Meinung bin, daß es kein Fehler war, dann
schlage ich dem Besitzer vor: "Wir sehen uns die Rennverfilmung
noch mal an", und dann unterhalten wir uns nochmal. Es ist natürlich
für beide Seiten schwer: Man ist in Aufregung. Wenn man aus
dem Rennen kommt, dann ist man erstmal gestresst, denn es ist
ein Kick. Es ist wirklich eine andere Welt, in der man sich
in dem Moment befindet.
Der Besitzer ist natürlich genauso aufgeregt und sieht auch
manchmal Fehler, die gar nicht da sind. Meistens hat sich sowas
nach einer halben Stunde - nachdem man den Film dann gesehen
hat - wieder gelegt. Denn entweder sehe ich meinen Fehler, der
mir nicht bewußt war, oder er sieht, daß ich keinen gemacht
hab, sondern beim Pferd bleiben mußte. |
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Gab es einen Moment, wo Sie an
der Entscheidung, Jockey zu werden, gezweifelt haben? |
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letzte Änderung:
30. April 1999 © Turfkönig - the virtual gaucho -
Maike Hanneck
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