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Im Galopp durch die Presse

"Heinz Jentzsch reitet wieder" - herrliche Schlagzeile, finden Sie nicht auch? Stand so in der Süddeutschen, diesen Herbst. Ach, was hab ich da nicht schon Lustiges gelesen in letzter Zeit. Über ein Pferd namens Goldfink, das - wie amüsant - einem Herrn von Finck gehört und gerade sein erstes Rennen gewonnen hat. Muß ein phantastischer Galopper sein, wenn er es schon bis in die Zeitung schafft. Ist ja sonst eher selten, daß man etwas von Galopprennen liest. In München gab es ein Gruppe-Rennen, über das in der Lokalzeitung nichts zu finden war. War ich erstaunt! Hatte man den Renntag abgesagt?

Das klingt jetzt nach einem Scherz.

Ist es aber nicht. Die "Zuschauer-Sportart Nummer Eins" weltweit, wie es auf der Website des Direktoriums heißt, schafft es hierzulande kaum in die Medien. Und wenn, dann mit Negativ-Schlagzeilen. "Wieder Pferd in Horn zu Tode gestürzt" prägte vor einigen Jahren das Bild der Hamburger von ihrem geliebten Event Derby. "Angst im Stall" titelte vor wenigen Wochen die ZEIT in ihrem Wirtschaftsteil - leider illustriert mit einem Reitpferd im Parcours - und behandelte dort ausführlich die finanzielle und arbeitsrechtliche Situation von Reitern und Pflegern in Rennställen. (Übrigens ein Thema, das durch die neuen europäischen Regelungen zu den gesetzlichen Arbeits- und Urlaubszeiten noch viel interessanter geworden ist. Haben Sie schon davon gehört?)

Und "Cavallo", der Shooting-Star unter den deutschen Pferde-Magazinen, verlieh im August die "Goldene Mistgabel" an die Zuschauer, Wetter und selbsternannten Pferde-Experten bei Galopprennen, und prangerte dabei nicht nur die Doping-Sünder an, mit denen wir alle nichts zu tun haben wollen. Vielmehr landete die Mistgabel unter anderem

"...im Hinterteil der Wetter, die zwar viel Geld, aber keinen Gedanken an die gedemütigten und gedopten Tiere verschwenden. Sie trifft die sogenannten Pferdeexperten mit ihren Feldstechern, die ein Zweijährigen-Rennen für artgerecht halten und glauben, Rennpferde kämen in der Startmaschine auf die Welt."
Wer den Artikel gelesen hat und den Galopprennsport liebt, war nach der Lektüre erst einmal beleidigt. Und wurde dann nachdenklich. Hier hatte jemand seine Meinung gesagt, der vielleicht nicht viel mit Galopprennen zu tun hat. Und hat doch die Themen angesprochen, die am dringendsten diskutiert werden müssten von denen, die etwas damit zu tun haben.

Wo findet diese Diskussion statt? Wo ist das Interview mit dem Trainer, dessen Pferde nachmittags auf die Weide dürfen? Wo das Gespräch mit der Rennleitung, die ein Pferd beim Jagdbahn-Debut auch dann antreten läßt, wenn es den Probesprung nicht bewältigt hat? Wo ist der Artikel eines Tierarztes über die Vermeidung von "Schienbeinen", diesem verniedlichten Wachstumsproblem?

Solange sich nicht diejenigen Medien mit solchen Themen auseinandersetzen, die sich ihrer Fachkenntnis in Galoppsport-Dingen rühmen, werden Doping, Todesstürze und Profitgier ein gefundenes Fressen sein für alle Medien, die Otto Normalverbraucher bedienen. Und dieser Otto wird den Teufel tun und sich den ganzen Schlamassel da mit diesen armen Rennpferden auch noch live angucken, um sich vom Gegenteil zu überzeugen.

Pferderennen online: Turfkönig  Titelseite Kommentar: Jockey-Streik Mehr über Pferde, Jockeys und den Galoppsport
letzte Änderung:2. Dezember 1998 © Turfkönig - the virtual gaucho - Maike Hanneck
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