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gez.
1937 v. Alchimist - Schwarzliesel v.
Oleander |
Züchter:
Gestüt Schlenderhan |
Besitzer:
Gestüt Schlenderhan |
Trainer:
George Arnull |
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Gerhard
Streit, der Schwarzgold in den meisten Rennen ritt, verlieh ihr ein ganz
seltenes Prädikat, er nannte die Schlenderhanerin ein „Überpferd“ - so
überlegen ging sie. Von Mutter Natur mit einer unerhörten Galoppade ausgestattet,
deklassierte die Alchimist-Tochter ihre Gegner nach Lust und Laune. Wobei
hier nicht verschwiegen werden soll, daß Schwarzgold im Gegensatz zu Nereide
drei Niederlagen kassierte.
Wie
gut Schwarzgold wirklich war, ist nicht zu ermessen, denn sie wurde in
keinem ihrer Rennen - so paradox das auch im Hinblick der drei Niederlagen
klingt - voll ausgeritten. George Arnull verbot aufgrund des etwas diffizilen
Charakters der Stute jeglichen Peitscheneinsatz. So unrichtig lag er damit
nicht, denn war Schwarzgold zweijährig noch zu regulieren, mit der dreijährigen
Schwarzgold hatte selbst ein sensibler Reiter wie Gerhard Streit alle Hände
voll zu tun. Infolgedessen verpasste man Schwarzgold ein Begleitpferd im
Rennen, was aber auch nicht viel nutzte.
Ein
weiteres Phänomen der Stute, die im Stall sehr ausgeglichen war, war daß
sie sich fast nur auf Sand arbeiten ließ, auf Gras war sie nicht zu halten,
Schwarzgold schaltete sofort in den Renngalopp hoch. Und was heißt hier
Arbeit oder Training - sie trainierte sich fast selber. Die Rennverläufe
Schwarzgolds lassen sich so zusammenfassen: Flaggenstart, Feld springt
ab, nach wenigen Metern Schwarzgold vorn, der Vorsprung vor dem Feld vergrößert
sich mit jedem ihrer gewaltigen Galoppsprünge, Gerhard Streit sitzt gemütlich
im Sattel, läßt die Stute einsam ihre Kreise ziehen, die Zielgerade ist
erreicht - evtl. kurzer Blick nach hinten, Gegner weit, weit zurück, eigentlich
gar nicht mehr vorhanden.
Das
Derby holte sie mit 10 Längen Vorsprung nach Schlenderhan - nie gewann
ein Pferd das Derby mit mehr Überlegenheit. "Schwarzgold mit
Weile" war ein Standard-Richterspruch in jener Zeit. Das Publikum
wußte oft nicht, ob es lachen oder Schwarzgold bejubeln sollte - sie lief
den anderen einfach weg - sie lief wie vom anderen Stern. Im Großen Preis
der Reichshauptstadt holte sich der Rennbahnrichter Paul Barthels im Vorfeld
die Erlaubnis für den Richterspruch „Verhaltene Weile“, welcher in der
Rennordnung nicht vorgesehen war. Müßig zu erzählen, daß es genauso kam.
Schwarzgold 1. - der Rest nirgendwo.
Ein
Zusammentreffen mit internationalen Cracks im Braunen Band in München wurde
von der SS verhindert, kurze Zeit später wurde die Familie Oppenheim zwangsenteignet
und bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges mußte sich das Gestüt SS-Gestüt
Schlenderhan nennen - aber dies ist eine andere Geschichte und würde den
Rahmen hier sprengen.
In
Schwarzgolds Rekord stehen: 12 Starts, 9 Siege, 3 zweite Plätze. Auf der
Rennbahn war die auf beiden Seiten des Pedigrees auf Dark Ronald ingezogene
Schwarzgold eine Wunderstute, im Gestüt ein Sorgenkind. Sie hatte
nur zwei lebende Fohlen, ehe sie 1950 wegen einer unheilbaren Krankheit
(ansteckende Streptokokken) eingeschläfert werden mußte. Ihre beiden
Töchter hatten nicht entfernt das Format ihrer Mutter, so daß
es lange schien, als würde Schwarzgolds Erbe versickern. Doch Schwarzblaurot,
die bessere der beiden, hielt das Erbe ihrer Mutter aufrecht, wenn auch
die hohe Klasse Schwarzgolds erst in fernen Generationen wieder durchschlug.
So ist Schwarzgold unter anderem Urahnin von keinem geringeren als Slip
Anchor, dem überlegenen Sieger des englischen Derbys, sowie des französischen
Derby- und Arc-Triumphator Sagace.
Zu
Schwarzgold eine persönliche Anmerkung: Ich habe vor ein paar Jahren einmal
einen älteren Rennbahnbesucher nach Schwarzgolds Sieg im Deutschen Derby
1940 gefragt. Die Reaktion des Herrn der alten Schule hat mich sehr berührt.
Er schluckte einige Male schwer, die Augen bekamen einen verdächtigen Glanz
und waren plötzlich auf einen imaginären Punkt in der Ferne gerichtet.
Ich spürte, daß mein alter Freund vor seinem inneren Auge Schwarzgold sah,
wie sie ihren Gegnern weit enteilt die Gerade mühelos herunterdonnert,
dem Ziel, dem Sieg entgegenstrebt, er hörte noch einmal den frenetischen
Jubel, der die Stute die Geraden herunterbegleitet, hörte das Tosen, die
Begeisterung der Menge, sah, wie wildfremde Menschen sich vor Freude über
Schwarzgolds Sieg in den Armen liegen und er spürte noch einmal die düsteren
Wolken des Zweiten Weltkrieges am Horizont aufziehen... Nachdem mein alter
Freund sich einigermaßen gesammelt hatte, kam nach einem ganz tiefen Durchatmen
die leise Antwort: „Das ... das kann ich nicht beschreiben, das war eine
ganz andere Zeit. Entschuldigung, ich kann nicht“, und er wandte sich wieder
ab.
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